Fazit für die Praxis
Patienten mit akutem Inhalationstrauma können ein solches durch völlig verschiedene
Schädigungsmechanismen erleiden. Es ist unabdingbar, zwischen Hitzetraumen (zum Beispiel
Grillunfälle) und Schädigungen durch Inhalation toxischer Gase (zum Beispiel Wohnungsbrände)
zu unterscheiden.
Gefährliche Folge einer Hitzeeinwirkung auf das respiratorische System kann ein Lungenödem
sein, für das die präklinische Notfalltherapie in einer frühzeitigen (wenn möglich
videolaryngoskopischen oder fiberoptischen) Intubation und Beatmung besteht. Für eine
systemische oder lokale Kortisontherapie gibt es keine gesicherte Datenbasis, sie
wird nicht empfohlen.
Bei Brandereignissen kann eine große Zahl von Personen gleichzeitig betroffen sein,
Einsatzstellen können dadurch schnell sehr unübersichtlich werden. Hier ist eine konsequente
Patientensichtung essenziell, wobei schon die Erstbeurteilung mindestens die Kurzanamnese
(Aufenthalt in welchem Bereich und wie lange?), die Überprüfung von Gesicht und Mund-Rachen-Raum
auf Rußspuren sowie die Messung der Atemfrequenz, die Lungenauskultation und die pulsoxymetrische
Messung von SpO2 und SpCO enthalten muss. Letztere kann mittels spezieller Puls-CO‐Oxymeter ähnlich
wie die gewöhnliche pulsoxymetrische Sauerstoffsättigung erfolgen.
Sobald ein Patient mit Verdacht auf Rauchgasinhalation neurologische Symptome (wie
zum Beispiel Unruhe oder Desorientiertheit) aufweist, muss an eine Kohlenmonoxid-
oder Zyanidintoxikation gedacht werden. Abhängig vom SpCO‐Wert muss eine schnelle
und konsequente Therapie erfolgen: Die Ersttherapie erfolgt in jedem Fall mit 100 %
O2 mit hohem Fluss, die deshalb am besten als CPAP‐Therapie appliziert wird. Ab einem
SpCO von 20 % ist die schnellstmögliche hyperbare Oxygenierungstherapie in einer geeigneten
Druckkammer mit intensivmedizinischen Therapiemöglichkeiten auf jeden Fall indiziert.
Bei neurologischen Symptomen und einem SpCO < 20 % muss von einer Zyanidintoxikation
ausgegangen werden, die mit Hydroxycobolamin therapiert wird (der Einsatz des Methämoglobinbildners
4-DMAP ist kontraindiziert, wenn eine zusätzliche Kohlenmonoxidintoxikation nicht
definitiv ausgeschlossen werden kann).
Auch bei der Inhalation toxischer Gase kann (ebenso wie bei Hitzeschäden) ein Lungenödem
akut oder nach freiem Intervall auftreten, weshalb alle betroffenen Patienten ausreichend
lange überwacht werden müssen. Ebenso wie bei Hitzeschäden gibt es für eine systemische
oder inhalative Kortisontherapie keine gesicherten Daten, diese kann deshalb nicht
empfohlen werden. An neuen Therapieoptionen (vor allem zur Atelektaseprophylaxe nach
Rauchgasinhalation) werden aerosolisiertes Heparin und N‐Acetylcystein untersucht,
gesicherte Daten aus größeren kontrollierten Studien fehlen hier jedoch noch.
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Dr. Andreas Jerrentrup
Zentrum für Notfallmedizin
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Dr. Clemens Kill
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